Rechtschreibung gestern und heute

Die Geschichte der deutschen Rechtschreibung reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert. Sie steht unter dem Einfluss politischer Umbrüche, dem Wunsch nach Vereinheitlichung und Vereinfachung, nach Änderungen und Reformen – und ist vielfach verwoben mit dem Duden.

2020 – 1941

Jahr Ereignis
2020 Die 28. Auflage des Rechtschreibdudens erscheint am 12. August 2020. Der Duden geht weiterhin mit der Zeit und ist inzwischen auf 148 000 Stichwörter angewachsen, darunter Neuaufnahmen wie das berüchtigte „Covid-19“.
2017 Am 9. August erscheint die 145 000 Wörter starke 27. Auflage des Rechtschreibdudens. Sie enthält die Änderungen des amtlichen Regelwerks vom Juni 2017.
2013 Am 4. Juli erscheint die 26. Auflage des Rechtschreibdudens. Sie umfasst 140 000 Stichwörter und damit mehr als fünf Mal so viele wie der Urduden von 1880. 
2010 Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt einige wenige Änderungen bei einzelnen Variantenschreibungen.
2009 Am 31. Juli läuft auch für die in Liechtenstein und im deutschsprachigen Teil der Schweiz gelegenen Schulen die letzte Übergangsfrist ab.

Am 21. Juli erscheint die 25. Auflage des Rechtschreibdudens.
2008 Am 31. Juli endet die Übergangszeit in Österreich und in Südtirol.
2007 Fast alle deutschsprachigen Nachrichtenagenturen stellen ihre Rechtschreibung gemäß dem gültigen amtlichen Regelwerk zum 1. August 2007 um. Zu diesem Zeitpunkt endet in Deutschland auch die Übergangsfrist, in der Abweichungen vom Regelwerk in den Schulen noch toleriert werden.
2006 Am 22. Juli erscheint die 24. Auflage des Rechtschreibdudens.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung legt im Februar eine Reihe von Änderungsempfehlungen für die Teilgebiete Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung sowie Worttrennung am Zeilenende vor. Diese werden am 2./3. März von der deutschen Kultusministerkonferenz einstimmig angenommen. Der damit erreichte amtliche Regelungsstand soll ab dem 1. August 2006 Unterrichtsgrundlage in allen Schulen sein und nach Ablauf einer einjährigen Übergangszeit allein verbindlich werden.

Ende März billigen die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer einstimmig die Änderungen, die der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgeschlagen hat. Die neuen Regeln treten am 1. August 2006 in allen deutschen Schulen und Ämtern in Kraft.
2005 Die Kultusminister erklären Anfang Juni 2005 verbindlich, dass ab dem 1. August 2005 in Schulen und Behörden die neue amtliche Rechtschreibung Grundlage der Schreibpraxis sein wird. Das gilt für die Bereiche Groß- und Kleinschreibung, Laut-Buchstaben-Zuordnungen inklusive Fremdwortschreibung und Schreibung mit Bindestrich. Fehlertoleranz soll bis auf Weiteres bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Worttrennung am Zeilenende und der Zeichensetzung gelten.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeitet im Auftrag der Kultusminister für diese Bereiche beschlussfähige Vorschläge.
2004 Auf ihrer 306. Plenarsitzung in Mainz bestätigt die deutsche Kultusministerkonferenz am 3./4. Juni die endgültige Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung zum 1. August 2005. Gleichzeitig nimmt sie den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission an, in dem leichte Modifizierungen des amtlichen Regelwerks von 1996 vorgeschlagen werden.

Am 28. August erscheint die 23. Auflage des Rechtschreibdudens.

Am 17. Dezember konstituiert sich der Rat für deutsche Rechtschreibung. Das neue Gremium wurde als Reaktion auf die anhaltende Kritik an der Rechtschreibreform ins Leben gerufen und von den Kultusministern der Länder in Abstimmung mit den zuständigen staatlichen Stellen in Österreich und in der Schweiz beschlossen. Der ehemalige bayerische Kunst- und Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) hat den Vorsitz. Der Sitz des Rates ist am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim.
1999 1. August: Stichtag für die Einführung der neuen Rechtschreibung bei den deutschsprachigen Nachrichtenagenturen.
1998 14. Juli: Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Einführung der neuen Rechtschreibung per Kultusministererlass für verfassungsgemäß. 1. August: Die neue Rechtschreibung wird offiziell an Schulen und Behörden eingeführt. Bisherige Schreibweisen gelten als überholt, werden aber noch nicht als Fehler gewertet. Erst ab dem 31.7.2005 sollen nur noch die neuen Rechtschreibregeln gelten.
1997 Verwaltungsgerichte werden bemüht, die Rechtmäßigkeit der Einführung der neuen Rechtschreibung an Schulen per Kultusministererlass zu prüfen. Am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim konstituiert sich die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung. Sie soll im Auftrag der Kultusminister die Einführung der neuen Regeln begleiten und Zweifelsfälle ausräumen.
1996 1. Juli: Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und weitere Länder mit deutschsprachigen Bevölkerungsteilen verpflichten sich durch die Wiener Absichtserklärung zur „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“, die neue Orthografie bis zum 1.8.1998 einzuführen. Die ersten Wörterbücher in neuer Rechtschreibung erscheinen. Einige Bundesländer führen bereits mit Schulbeginn 1996/97 die neuen Regeln im Unterricht ein. Auf der Frankfurter Buchmesse unterzeichnen rund 100 Schriftsteller und Wissenschaftler die „Frankfurter Erklärung“ für einen Stopp der Reform. Die öffentliche Diskussion um die Rechtschreibreform entbrennt.
1995 Die deutsche Kultusministerkonferenz beschließt, die Neuregelung zum 1. August 1998 mit einer Übergangsphase bis 2004/2005 einzuführen.
1994 Die zuständigen Fachbeamten in den Kultusministerien der an der Neuregelung beteiligten Staaten empfehlen den Kultusministern die modifizierte Fassung des Neuregelungsvorschlags zur Annahme.
1993 Die Kultusministerkonferenz fordert 43 Verbände zur Stellungnahme auf, Anhörungen finden in Bonn statt, aber auch in Österreich und in der Schweiz. Der Internationale Arbeitskreis für Orthographie nimmt daraufhin seinen Vorschlag, die Substantivkleinschreibung einzuführen, zurück. Es bleibt auch bei der Unterscheidung von das/daß.
1992 Der Internationale Arbeitskreis legt einen alle Bereiche der Orthografie behandelnden, international abgestimmten Vorschlag unter dem Titel „Deutsche Rechtschreibung – Vorschläge zu ihrer Neuregelung“ (Narr, Tübingen) vor.
1988 Übergabe eines (unvollständigen) Vorschlags mit zahlreichen, sehr weit in den Schreibgebrauch eingreifenden Neuregelungen (z. B. der Keiser im Bot), der in der Öffentlichkeit und bald auch von der Kultusministerkonferenz als unannehmbar zurückgewiesen wird.
1987 Die Kultusministerkonferenz erteilt dem Institut für Deutsche Sprache in Mannheim den Auftrag, in Abstimmung mit der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden ein neues Regelwerk zu entwerfen.
1980 Der Internationale Arbeitskreis für Orthographie wird gegründet und mit Germanisten aus der BRD, aus der DDR, aus Österreich und aus der Schweiz besetzt.
1955 Zur Wahrung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung erklärt die westdeutsche Kultusministerkonferenz „in Zweifelsfällen ... die im Duden gebrauchten Schreibweisen und Regeln“ für vorläufig (nämlich bis zu einer amtlichen Neuregelung) verbindlich.
1954 Das mit den Stuttgarter „Empfehlungen zur Erneuerung der deutschen Rechtschreibung“ vorgelegte Reformkonzept scheitert am Widerstand bekannter deutschsprachiger Schriftsteller.
1947 Mit der ersten Nachkriegsausgabe, der 13. Auflage, wird der vorerst letzte gemeinsame Duden für den ganzen deutschsprachigen Raum herausgegeben. Nach der politischen Teilung Deutschlands in zwei selbstständige Staaten (1949) zerfällt auch der Rechtschreibduden in eine Ausgabe für die Bundesrepublik und eine Ausgabe für die DDR.
1941 Die letzte Ausgabe des amtlichen Regelwerks von 1901 erscheint.

1915 – 19. Jahrhundert

Jahr Ereignis
1915 In der neunten Auflage verschmelzen das „Orthographische Wörterbuch“ und der „Buchdruckerduden“ zum „Duden – Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter“. Dieser Duden von 1915 reduziert nochmals die Zahl der Schreibvarianten und gibt Empfehlungen zu Bereichen, die im Berliner Regelwerk nicht berücksichtigt worden waren, z. B. die Zeichensetzung und die Getrennt- und Zusammenschreibung. Damit trägt er entscheidend zur Festschreibung der deutschen Rechtschreibung für die kommenden Jahrzehnte bei.
1903 Vom 1. Januar an soll die amtliche Rechtschreibung für die Behörden des deutschen Sprachraums gelten; für die Schulen des deutschen Reichs und der Schweiz tritt sie zum jeweiligen Beginn des Schuljahres 1903/04 in Kraft.

Die Buchdruckervereine Deutschlands, Österreichs und der Schweiz wenden sich an Konrad Duden mit der Aufforderung, ein orthografisches Nachschlagewerk zu schaffen, in dem für die vielen Doppelschreibungen eine Entscheidung zugunsten einer Variante getroffen wird. Noch im selben Jahr veröffentlicht Konrad Duden seine „Rechtschreibung der Buchdruckereien deutscher Sprache“ (den sogenannten „Buchdruckerduden“), in der er dieser Aufforderung nachkommt.
1902 Das Konferenzergebnis („Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis“) wird in Buchform veröffentlicht; durch Beschluss des deutschen Bundesrates wird das amtliche Regelwerk für alle Bundesländer im deutschen Reich als verbindlich erklärt. Österreich und die Schweiz übernehmen die deutsche Regelung. An den österreichischen Schulen gilt die Rechtschreibregelung bereits mit Beginn des Schuljahres 1902/03.

Die siebte Auflage von Konrad Dudens „Orthographischem Wörterbuch der deutschen Sprache“ erscheint und wendet das neue amtliche Regelwerk an.
1901 In Berlin findet vom 17. bis 19. Juni die sogenannte II. Orthographische Konferenz statt. Sie berät über die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung. Grundlage ihrer Arbeit bildet die preußische Rechtschreibung, die Duden mit seinem „Orthographischen Wörterbuch“ bereits im ganzen Reichsgebiet und darüber hinaus durchgesetzt hatte. Das neue Regelwerk lässt zahlreiche Schreibvarianten zu.
1892 Der Schweizer Bundesrat erklärt den Duden zum amtlichen Referenzwerk in allen orthografischen Zweifelsfällen.
1880 Das „Vollständige Orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache“ (der sogenannte „Urduden“) von Konrad Duden erscheint auf der Basis der Rechtschreibregeln, die der Germanist Wilhelm Wilmanns für die preußischen Schulen entwickelt hatte. Mit dem „Urduden“ werden die Grundlagen einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung über den ganzen Sprachraum hinweg gelegt.
1876 Die Erste staatliche Konferenz „zur Herstellung größerer Einigkeit in der Rechtschreibung“ in Berlin scheitert am Veto Bismarcks.
1872 „Die deutsche Rechtschreibung“ (der sogenannte Schleizer Duden) von Konrad Duden erscheint. Die klar gegliederte, praxisbezogene Schrift zielt auf Vereinfachung, Verbesserung und größere Prinzipientreue.
1850 Es bestehen stark voneinander abweichende orthografische Regelhefte der Schulverwaltungen einzelner Länder. Spätestens seit der Reichsgründung 1871 wird die Uneinheitlichkeit in der Schreibung als ernsthafte Behinderung empfunden (z. B. Attaque neben Attacke, Herd neben Heerd).
bis ins 18. Jh. Von den Grammatikern werden zwei konkurrierende Prinzipien beworben:

1. Phonetischer Grundsatz: „Schreibe, wie du sprichst.“
Bedeutendster Vertreter im 18. Jahrhundert: Johann Christoph Adelung

2. Historisch-etymologisches Prinzip: Die Schreibung soll die Wortgeschichte berücksichtigen.
Bedeutendster Vertreter im 19. Jahrhundert: Jacob Grimm