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Kurz erklärt: „einzige“ oder „einzigste“?

Geht es „einziger“ als „einzig“ oder „gleicher“ als „gleich“? In diesem Artikel sehen wir uns ein Paradox genauer an: die Steigerung von nicht steigerbaren Adjektiven.

Goethe schreibt 1775 in einem Brief an Auguste Gräfin zu Stolberg: „Gute Nacht, Engel – einzigstes, einzigstes Mädchen, und ich kenne ihrer viele.“ Bei Duden online finden wir dagegen die Information, dass einzig „normalerweise nicht gesteigert“ wird mit dem Beispiel: „er war mein einziger (nicht einzigster) Freund“. Nun soll Goethe ganz allgemein dem Superlativ nicht abgeneigt gewesen sein, aber wie verhält es sich mit dem „einzigsten Mädchen“: richtig oder falsch?

Einzig ordnet sich in die Klasse der Adjektive ein, die keine Steigerungsform besitzen. Der Grund dafür ist semantischer (inhaltlicher) Natur. Diese Adjektive bezeichnen in der Regel Eigenschaften, die nur „ganz oder gar nicht“ gegeben sein können und daher nicht gradierbar und nicht steigerbar sind. Solche Adjektive sind etwa: tot, lebendig, dreieckig, kinderlos, schriftlich, lauwarm, fertig, optimal, absolut, gleich, leer, vollkommen und – eben auch – einzig. Einzig bezeichnet ursprünglich etwas, das nur einmal vorhanden ist. Wenn also etwas oder jemand einzig ist, dann geht es nicht noch einziger!

Aber Achtung: Sprachliche Regeln sind zum Befolgen – oder manchmal auch zum (gekonnten) Brechen da! Denn gerade durch das Abweichen von bestehenden Regeln lassen sich bisweilen bestimmte rhetorische Effekte erzielen: So lässt die Steigerung eines absoluten Adjektivs wie gleich in George Orwells Farm der Tiere den Schluss zu, dass manche Tiere in ganz besonderer Weise privilegiert sind:

„Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die anderen.“

Und Goethe macht seine Anrede an Auguste eben noch inniger und emphatischer, indem er sie als „einzigstes Mädchen“ anspricht. Die Steigerung von einzige ist also möglich, um besonderen Überschwang auszudrücken – und zugleich darauf beschränkt.

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