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Was ist ein Satz?

Einigen Rechtschreibregeln liegt die grammatische Einheit „Satz“ zugrunde, etwa in Fragen der Groß- und Kleinschreibung. Im folgenden Ausschnitt aus der Dudengrammatik möchten wir Ihnen drei Definitionen des Satzes vorstellen. Hier geht es also ins Detail.

Gegenstand der Syntax oder Satzlehre sind Sätze. Damit stellt sich gleich eine erste Frage: Was versteht man unter einem Satz? Eine Antwort lässt sich nicht ohne Weiteres geben. Das Problem ist, dass hinter der Bezeichnung „Satz“ nicht ein einzelner Begriff, sondern eine ganze Familie sich überschneidender Begriffe steht.

Nachstehend werden die drei sich ergänzenden Konzepte des Satzes kurz vorgestellt, die der Dudengrammatik zugrunde liegen. Zu bedenken ist dabei, dass diese Konzepte aus der geschriebenen Sprache entwickelt worden sind, den Besonderheiten der gesprochenen Sprache also nicht immer gerecht werden.

I. Finites Verb

Ein prototypischer Satz enthält ein finites Verb, z. B.:

(a) fragte

Das Verb (bzw. das damit gebildete Prädikat) bestimmt weitgehend die übrigen Bestandteile des Satzes. So verlangt das Verb fragte drei Ergänzungen mit bestimmten semantischen Rollen, z. B.:

(b) [Anna] = Agens (handelnde Person)
(c) [den Verkäufer] = Rezipient (Person, die die Frage entgegennimmt)
(d) [nach schnelleren Geräten]= Patiens (betroffener Sachverhalt)

Aus diesen vier Einheiten lässt sich bereits ein Satz bauen, der als Ganzes einen Sachverhalt wiedergibt. In (e) wird der Sachverhalt als gegeben, in (f) als fraglich hingestellt:

(e) [Anna] fragte [den Verkäufer] [nach schnelleren Geräten].
(f) Fragte [Anna] [den Verkäufer] [nach schnelleren Geräten]?

Solche Sätze können noch angereichert werden durch Angaben. Die einen Angaben modifizieren oder situieren die Sachverhaltsdarstellung, z. B. örtlich oder zeitlich (g); andere kommentieren die Sachverhaltsdarstellung, indem sie Hinweise auf die Beurteilung durch den Sprecher, auf die Geltung der Darstellung oder auf die Handlungsabsicht geben (h):

(g) [vorher] = Temporaladverbiale
(h) [klugerweise] = Kommentaradverbiale

Mit diesen zusätzlichen Elementen kann etwa der folgende Satz gebildet werden:

(j) Satz: [Anna] fragte [klugerweise] [den Verkäufer] [vorher] [nach schnelleren Geräten].

Der prototypische Satz lässt sich daher so bestimmen:

Definition I: Ein Satz ist eine Einheit, die aus einem Prädikat mit finitem Verb und den zugehörigen Ergänzungen und Angaben besteht.

II. Regelhaftigkeit

Sätze bestehen letztlich aus Wörtern, sie sind aber mehr als bloße Aneinanderreihungen von Einzelwörtern. Der Aufbau erfolgt vielmehr schrittweise. Das heißt, innerhalb des Satzes gibt es komplexe Zwischeneinheiten; man spricht hier von Phrasen.

schnelleren + Geräten → [schnelleren Geräten]
nach + [schnelleren Geräten] → [nach schnelleren Geräten]

usw.

Der Aufbau erfolgt nach bestimmten Regeln, die hier (und nur hier) gelten und als syntaktische Regeln bezeichnet werden. Die so entstehenden Gebilde sind nicht beliebig komplex, der Aufbau gelangt irgendwann zum Abschluss. Aus dieser Sicht kann man den prototypischen Satz so definieren:

Definition II: Ein Satz ist eine abgeschlossene Einheit, die nach bestimmten Regeln (den syntaktischen Regeln) gebildet worden ist.

Zu bedenken ist, dass Sätze im Sinne von Punkt I Bestandteile von Sätzen im Sinne von Punkt II sein können:

Satz: [Anna fragte die Verkäuferin ...] + Satz: [ob es schnellere Geräte gebe]
→ Satz: [Anna fragte die Verkäuferin, [ob es schnellere Geräte gebe] ].

Der Fachausdruck „Satz“ erweist sich hier als unscharf – man kann damit bezeichnen:

  • einen einfachen Satz wie in Punkt I;
  • die einzelnen Teilsätze einer komplexen Einheit wie vorangehend gezeigt; man spricht dann auch genauer von Teilsätzen oder je nachdem von Haupt- und Nebensätzen;
  • die aus Teilsätzen gebildete Einheit als Ganzes; man spricht dann genauer von einem komplexen oder zusammengesetzten Satz.

III. Sprachliche Handlung

Die oben vorgestellten Konzepte sind prototypischer Natur. In realen Texten finden sich viele Strukturen, die ihnen nur teilweise entsprechen, z. B.:

(a) (Frage: „Wo ist Anna?“) – Antwort: „Weiß nicht!“
(b) Ende der Durchsage!
(c) Vor dem Öffnen des Deckels Stecker ziehen.

Wenn solche Ausdrücke semantisch und strukturell auf vollständigere, prototypische Sätze bezogen werden können, spricht man von Ellipsen. Dabei wird mit „vollständiger“ ausdrücklich keine normative Aussage getroffen. Und die Vervollständigungsversuche sind nicht immer gleich plausibel:

(a) „Ich weiß es nicht!“; „Das weiß ich nicht!“
(b) Das ist das Ende der Durchsage!
(c) Vor dem Öffnen des Deckels muss man den Stecker ziehen.

Außerdem gibt es Ausdrücke, die sich nur schwer oder gar nicht als Ellipsen auffassen lassen:

Hinaus mit dir! Feuer! Hallo! Pfui!

Wenn man solche Ausdrücke gleichwohl als Satzäquivalente bezeichnet, liegt eine funktionale Betrachtungsweise zugrunde:

Definition III: Ein Satz ist die kleinste Einheit, mit der eine sprachliche Handlung vollzogen werden kann.

Zifonun et al. (1997) sprechen bei Einheiten, die Definition III genügen, von kommunikativen Minimaleinheiten. Die Definition schließt eingebettete Sätze (Nebensätze) aus, denn diese können nur zusammen mit dem ganzen komplexen Satz, dessen Bestandteil sie sind, Grundlage einer sprachlichen Handlung sein. Es gilt daher:

  • Einfache Sätze und komplexe Sätze als Ganzes sind sowohl Sätze (im Sinne von Definition I oder II) als auch kommunikative Minimaleinheiten (Definition III).
  • Nebensätze sind nur Sätze (Definition I).
  • Satzäquivalente sind nur kommunikative Minimaleinheiten (Definition III).

Viele weitere Informationen rund um Sätze, Satzäquivalente, Satzglieder und Satzstrukturen finden Sie in Dudenband 4, Die Grammatik. Mehr als 300 von 1344 Seiten widmen sich der Syntax, also der Lehre vom Satz.

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