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Das Wortfeld „Dieb“/„stehlen“

Warum diebt ein Dieb eigentlich nicht, sondern stiehlt? Fans von Wortgeschichte kommen in diesem Artikel voll auf ihre Kosten.

Wie wir oben festgestellt haben: Die Lehrerin lehrt. Ebenso kann man bemerken, dass der Tänzer tanzt, die Malerin malt und der Dieb diebt. Entschuldigung, wir meinen natürlich: dass der Stehler stiehlt. Das klingt vermutlich beides für Sie nicht so ganz korrekt. Und damit liegen Sie aus heutiger Sicht auch richtig. Der Dieb stiehlt nun einmal. Wo stehlen genau herkommt, lässt sich leider nicht sagen. Die Tatsache, dass es ein starkes, also unregelmäßig gebeugtes Verb ist, zeigt, dass es sehr alt sein muss.

Vielleicht lässt es sich zu lateinisch tollere »aufheben, wegnehmen« stellen, was zumindest inhaltlich naheliegt. Interessant ist, dass mit stehlen von Anfang an der Aspekt der Heimlichkeit verbunden war (vgl. auch sich wegstehlen). Den Stehler (und, ja, auch die Stehlerin) gab es früher durchaus, aber er ist heutzutage eigentlich nur noch in Redewendungen wie Der Hehler ist schlimmer als der Stehler zu finden, wo er sich vermutlich wegen des ansprechenden Endreims gehalten hat. Ansonsten hat sich für den, der stiehlt, die Bezeichnung Dieb durchgesetzt, welche jedoch ebenfalls schon gemeingermanisch und somit lange Zeit bezeugt ist. Und auch hier ist die Herkunft nicht ganz klar; eventuell gehört das Wort zu einer indogermanischen Wurzel *teup- »sich niederkauern, sich verbergen«, würde also jemanden bezeichnen, der sich versteckt. Das passt ja sehr schön zum Dieb. Bereits im Althochdeutschen wurde die Tätigkeit eines Diebs als dieben bezeichnet. Dazu gab es später auch noch die Ableitungen abdieben (»entwenden«) und verdieben (»zum Dieb werden«). Doch diese Wörter werden längst nicht mehr verwendet.

Zwei Synonyme zu stehlen wollen wir noch kurz betrachten. Da wäre zum einen klauen, welches, wenig überraschend, von Klaue abgeleitet ist und als »salopp« eingestuft wird. Spannender ist stibitzen, was ein Stehlen bezeichnet, das niemand übelnimmt, z. B. wenn der Dackel die Wurst stibitzt. Das Wort geht nämlich zurück auf ein Verb namens stitzen, das ebenfalls »stehlen« bedeutet und aus dem Mecklenburgischen und Schlesischen stammt. Seit dem 18. Jahrhundert findet sich dann auch stibitzen, und zwar in der Schüler- bzw. Studentensprache. Vermutlich beruht das eingefügte bi auf der sogenannten B-Sprache, einer Geheimsprache, die sich bei Kindern und Jugendlichen zeitweise großer Beliebtheit erfreute. Dabei wird der Vokal verdoppelt und ein b davorgesetzt. Streng genommen müsste es demnach sogar *stibitzeben heißen – aber das war dann wohl doch zu kompliziert.

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