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Wort des Jahres 2013: „GroKo“

Glosse zum Wort des Jahres 2013 von Prof. Dr. Jochen A. Bär, Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Vechta und Hauptvorstand der Gesellschaft für deutsche Sprache e. V.

Die Bundestagswahl Ende September 2013 führte zu einer schwierigen Situation. Da CDU und CSU die absolute Mehrheit knapp verfehlten und die FDP es erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik nicht ins Parlament schaffte, war Bundeskanzlerin Merkel auf einen anderen Koalitionspartner angewiesen. Die Grünen winkten schnell ab. Die SPD hingegen entschloss sich trotz der Bedenken und des Widerstandes vieler ihrer Mitglieder zu Koalitionsverhandlungen. Die Neuauflage der Großen Koalition (zuletzt hatte es eine solche von 2005 bis 2009 gegeben) stand im Raum und mit ihr das Wort des Jahres 2013: GroKo.

Das Silbenkurzwort GroKo, zusammengesetzt aus den ersten Silben der beiden Bestandteile der Substantivgruppe Große Koalition, ist eines der ganz wenigen Kurzwörter in der Liste der Wörter des Jahres: Insgesamt beträgt der Anteil nur 3,5 %; das erste Kurzwort war Disco (1978, Platz 6). Die Binnengroßschreibung ist nach geltender Rechtschreibung falsch; sie wird als Blickfang insbesondere in der Marketingsprache gern eingesetzt (BahnCard, ServicePoint usw.), wo sie suggerieren soll, der jeweilige Ausdruck sei eine Wortmarke, eine Art Eigenname. Im 17. Jahrhundert waren Großbuchstaben im Wortinneren hingegen eine gängige Erscheinung.

Ist GroKo ein Wort des Jahres 2013? Mit Sicherheit! Mitte Dezember ergab eine einfache Internetrecherche über eine Dreiviertelmillion Belege. Als Bestandteil von Zusammensetzungen, insbesondere als Erstglied, war GroKo sehr produktiv: Die GroKo-Wunschliste der verschiedenen Koalitionspartner war lang. Der GroKo-Frust bei Teilen der SPD war noch von 2009 her groß: Das damalige schlechte Wahlergebnis schrieb man der Tatsache zu, dass die Wählerinnen und Wähler die Erfolge der Großen Koalition überwiegend der CDU, unpopuläre Entscheidungen hingegen hauptsächlich der SPD angerechnet hätten. Die Zeit (20.11.2013) präsentierte ein GroKo-Meter: einen Anzeiger zum Stand der Koalitionsverhandlungen; doch auch kritische Stimmen fehlten nicht. Auf der Internetseite journalistenwatch.com beispielsweise war die Rede von GroKo-Verarsche (12.12.2013). Die GroKo-Frage war übrigens zum Zeitpunkt der Wiesbadener Jahreswörterwahl (12. Dezember 2013) noch gar nicht endgültig entschieden, denn das GroKo-Votum der SPD-Mitglieder die Parteiführung hatte sich der Rückendeckung durch eine Mitgliederbefragung versichern wollen stand noch nicht fest.

Große Koalitionen gab es in Deutschland schon früher; die Wortbildung GroKo spielte dabei aber keine Rolle nicht 2005 und schon gar nicht 1966. Das Wort ist zwar nicht erst 2013 neu geprägt worden (bereits 2005 trat der Entertainer Harald Schmidt mit einer schwarz-roten Krokodil-Handpuppe namens Groko auf), aber es ist typisch für das Jahr 2013. Nicht zu vergessen: Auch in Österreich wurden 2013 komplizierte GroKo-Verhandlungen geführt; die Große Koalition von SPÖ und ÖVP entschied sich, ihre Arbeit fortzusetzen.

Ist GroKo das Wort des Jahres? Das wird davon abhängen, ob die Große Koalition tatsächlich zustande kommt und wie sie sich entwickelt. Sofern sich die Befürchtungen der GroKo-Gegner bewahrheiten und die SPD am Ende der Legislaturperiode wiederum ähnlich schlecht dasteht wie 2009, wird GroKo zumindest in die sozialdemokratischen Annalen als das Wort des Jahres 2013 eingehen.

Jochen A. Bär

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