Das Integrations­experiment

Gelingt die Integration an den Schulen? Fünf Jahre nach dem „Flüchtlingssommer“ zieht Anant Agarwala mit „Das Integrationsexperiment“ Bilanz.

Buchcover: Das Integrationsexperiment

Am Anfang war das Chaos: Ab dem Sommer 2015 erreichten Hunderttausende geflüchtete Kinder und Jugendliche die deutschen Klassenzimmer.  Die Schulen aber waren auf die immense Aufgabe, die sie erwartete, überhaupt nicht vorbereitet. Verfügbare Lehrkräfte, die wussten, wie man Zugewanderten Deutsch beibringt, gab es schlicht nicht. Erprobte Konzepte, wie man so viele „sprachlose“ Schüler möglichst schnell und reibungslos in bestehende Klassenverbände integrieren könnte, lagen weder in Lehrerzimmern noch Behörden bereit. Also wurde improvisiert. Wo es enden würde, wusste niemand.

Während manche Deutsche um die Lernfortschritte ihrer Kinder fürchteten, hofften andere auf ein Ende des Fachkräftemangels. Doch was passierte wirklich? Der ZEIT-Journalist Anant Agarwala hat sich an Schulen im ganzen Land umgesehen, Lehrkräfte befragt, Schülerinnen und Schüler kennengelernt und Statistiken ausgewertet. Seine Leitfragen: Was läuft gut in den Schulen in Sachen Integration – und was muss sich ändern? Was sind die Bedingungen für Erfolg? Und woran verzweifeln Lehrkräfte wie Beschulte? Seine vielschichtige, umfassend recherchierte Analyse erscheint unter dem Titel „Das Integrationsexperiment. Flüchtlinge an der Schule – eine Bilanz nach fünf Jahren“ am 14. September 2020 im Dudenverlag.

„Vielleicht ist Schule der wichtigste Ort einer Gesellschaft überhaupt“, gibt Agarwala zu Bedenken. „Auf jeden Fall sollte man sie als solchen behandeln.“ Stattdessen stellt er eine jahrzehntelange Vernachlässigung der Integrations- und Bildungspolitik fest. Vieles geht man bis heute nachlässig an, von der Schulpflicht über die Verteilung bis zur Deutschförderung. Dafür funktionieren die Integrationsexperimente aber vielerorts erstaunlich gut. Denn auch das zeigen die Recherchen des Autors: die meisten geflüchteten Schülerinnen und Schüler erreichen Abschlüsse, wenn auch meist den niedrigsten. Immer mehr von ihnen gelingt der Sprung auf ein Gymnasium. Und auch die Zahlen geflüchteter Azubis und Lehrlinge steigen. Die Corona-Krise der letzten Monate stieß nun ein weiteres Thema an, das die Politik verschlafen hatte: die Digitalisierung der Schulen. Nun müssen beide Themen – Integration und Digitalisierung – zusammen gedacht werden, um eine Chancengleichheit für alle anzustreben. Nur dann erscheint es denkbar, dass das Integrationsexperiment langfristig gelingt.

Über den Autor

Anant Agarwala, Jahrgang 1986, hat Kommunikationswissenschaft und Germanistik in Hamburg und Münster studiert und die Deutsche Journalistenschule in München besucht. Als Redakteur der ZEIT schreibt er vor allem über Bildung und Gesellschaftspolitik. Für seine Berichterstattung wurde er 2016 mit dem Goethe-Medienpreis für wissenschaftspolitischen Journalismus und 2017 mit dem Telekompreis für Bildungsjournalismus ausgezeichnet; 2019 war er für den Reporterpreis nominiert.